Frankfurter
Allgemeine Zeitung, 4. Juli 2008
IMMOBILIENMARKT Es grünt auch bei der Deutschen Bank Der Finanzkonzern nutzt in Deutschland nur noch Öko-Strom und macht gesellschaftliche Verantwortung und Klimaschutz zur Chefsache. jfr. FRANKFURT, 3. Juli. Mitten in Frankfurt verkündet die Deutsche Bank auf einem Plakat vor den Zwillingstürmen ihrer Hauptverwaltung, dass dort "eines der umweltfreundlichsten Hochhäuser der Welt" entsteht. Alle 2.700 Mitarbeiter bis hinauf zum Vorsitzenden des Vorstandes, Josef Ackermann, haben die 38 Stockwerke verlassen. Die Gebäude sind mittlerweile entkernt und sollen - mit unverändertem äußeren Erscheinungsbild - im Jahr 2010 bezugsfertig werden und dann das amerikanische Leed-Emblem (Leadership in Energy and Environ-mental Design) tragen, und zwar den höchsten Standard "Leed-Platin". Damit wären die Zwillingstürme der Deutschen Bank das erste mit dem höchsten internationalen Gütesiegel ausgezeichnete Objekt in Deutschland. Auch überlegt sich die Bank, ob das deutsche Gütesiegel der Gesellschaft für nachhaltiges Bauen - zu dessen Gründungsmitgliedern die Deutsche Bank zählt - angestrebt wird. "Wir sind Teil der Gesellschaft und müssen im ureigensten Interesse unserer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden", sagte Ackermann anlässlich der Vorlage eines "gesellschaftlichen Verantwortungs-Berichtes" der Bank. Dabei stellte Ackermann einen umfangreichen Aktionsplan vor, der "Corporate Social Responsibility" zu einem integralen Bestandteil des Risiko- und Reputationsmanagements der Bank machen soll. Unter dem Schlagwort "soziales Kapital schaffen" will sie der Gesellschaft nicht etwas zurückgeben, sondern ihr vielmehr nichts nehmen, sagte Ackermann. Es werde mit dem Geld der Aktionäre keine Wohltätigkeit betrieben, sondern es würden sinnvolle Investitionen in die eigene Zukunft der Bank getätigt. Ein großer Teil des Programms richtet sich nach innen und will soziale Chancen für die Mitarbeiter fördern, aber auch die Zukunftsfähigkeit der Bank durch Nachhaltigkeit festigen. Und dazu gehören Energieeffizienz und Umweltschutz. So nutzt die Deutsche Bank seit Beginn dieses Jahrs für ihre 1.300 Objekte in Deutschland - davon 770 Filialen - ausschließlich Ökostrom. Auch damit setzt die Bank Maßstäbe, sagte Matthias G. Leube, als Managing Director zuständig für Corporate Real Estate & Services. Neue Wege hat die Bank auch bei der Sanierung ihrer Hauptverwaltung eingeschlagen. Hierzu wurde ein Projektteam unter der Leitung von Holger Hagge, Director Strategie Projects, gegründet. Das Team stellt sicher, dass bei der Entkernung der Zwillingstürme ein Entsorgungsvolumen von 12.700 Tonnen systematisch in wiederverwertbare Bestandteile getrennt und ein Materialrecycling von 98 Prozent erreicht wird: Bauschutt für den Straßenbau, Baustahl für die Einschmelzung, Altholz für Spanplatten und Dämmmaterial. Die dokumentierte Kreislauflogistik ist Teil des amerikanischen Leed-Zertifizierungsverfahrens. Wenn die Türme im April 2010 in den Testbetrieb gehen und ein halbes Jahr später bezogen werden, sollen sie 67 Prozent weniger Heizenergie verbrauchen, 55 Prozent weniger Strom, 43 Prozent weniger Wasser. Die CO2-Emissionen sollen dadurch um mehr als die Hälfte verringert werden. "Wir müssen Standards setzen", sagte Leube. Zusammen mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft wirkt er für die Deutsche Bank in Werkstattgesprächen einer von der RWE Energy AG initiierten Ideenschmiede "Enreso 2020" (Energy-Real Estate-Economy-Society) mit, um neue Wege für verantwortungsbewusstes gesellschaftliches Handeln zu erkunden. So hat die Deutsche Bank ein Nachhaltigkeits-Management eingerichtet, um einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu gewährleisten. Vor allem gehe es darum, die Sensibilität der Mitarbeiter, Kunden und anderer Geschäftspartner für die Klimastrategie zu stärken, sagte Leube. Auch die Produkte der Bank werden dem neuen Leitbild unterworfen. Auch hat sich die Bank einer Reihe nationaler und internationaler Initiativen verschrieben. So hat sie sich vor einem Jahr mit einer Milliarde Dollar an der "Clinton Climate Initiative" beteiligt, neben ABN Amro, Citigroup, UBS und JP Morgan, die der Initiative mit gleichem finanziellen Engagement beigetreten sind. Insgesamt sollen fünf Milliarden Dollar in Programmen zur Verringerung des Energieeinsatzes in Städten und Gebäuden eingesetzt und aus den eingesparten Energiebudgets zurückgezahlt werden. Der frühere amerikanische Präsident Bill Clinton geht davon aus, dass die grüne Bewegung" eine Wachstumsbranche par excellence darstellt - vor allem, wenn der Handel mit Emissionsrechten in Schwung kommt und auf die großen Umweltverschmutzer wie die Städte und die Verkehrsunternehmen ausgedehnt wird. Die dafür erforderlichen Börsen - wie die Chicago Climate Exchange und die European Climate Exchange - haben den Handel mit solchen Zertifikaten bereits aufgenommen. Die Deutsche Bank will mit ihrem neuen Selbstverständnis mehr auf das freie Spiel der Kräfte setzen als auf gesetzlichen Zwang. |
05.07.2008 |