Raumordnung, Flächennutzungsplan, Bebauungsplan - Möglichkeiten der Gemeinden

Versagung Einvernehmen Gemeinde:
OVG Rheinland-Pfalz – Urteil vom 02.03.2006, Az: 1 A 10884/05.OVG (rechtskräftig)
1. Von der Schutzwirkung des § 36 BauGB zugunsten der Gemeinde wird auch der Fall erfasst, dass ein bevorzugt im Außenbereich zulässiges (Bau-)Vorhaben wegen entgegenstehender Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege unzulässig ist.

2. Ein Ersuchen gem. § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB muss in Anbetracht der ggf. weit reichenden Folgen der Einvernehmensfiktion eindeutig formuliert sein, die ersuchte Gemeinde muss erkennen können, dass und in welcher Hinsicht die dortige Zweimonatsfrist ausgelöst wird.

3. An dem öffentlichen Belang des Schutzes einer bestimmten Vogelart (hier: Rotmilan) kann die Errichtung eines bevorzugt im Außenbereich zulässigen (Bau-)Vorhabens (hier: Windkraftanlage) nicht nur innerhalb ausgewiesener oder faktischer Europäischer Vogelschutzgebiete scheitern.

4. Zu der nach der Vogelschutz-Richtlinie vorgeschriebenen Erhaltung und Pflege der Lebensräume kann es auch gehören, den schützenswerten Lebensraum einer geschützten Vogelart von einer im Außenbereich bevorzugt zulässigen Bebauung freizuhalten, wenn gerade diese Bebauung geeignet ist, dem Schutzziel der Erhaltung der Art spürbar entgegenzuwirken.

Folgen der Missachtung des Rechts der Gemeinde nach § 36 BauGB - BVerwG, B.v.11.08.2008, 4 B 25.08
Ist der Anwendungsbereich des § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB eröffnet, entfaltet sich dessen planungsrechtliche Schutzfunktion: Die vorgesehene Mitwirkung der Gemeinde dient der Sicherung der gemeindlichen Planungshoheit. Bereits die Missachtung des gesetzlich gewährleisteten Rechts der Gemeinde auf Einvernehmen führt zur Aufhebung der Baugenehmigung; einer materiell-rechtlichen Überprüfung der Rechtslage bedarf es nicht. BauGB § 36.

Bebauungsplan/Veränderungssperre -
BVerwG, Beschluss vom 29.03.2007, Az: 4 BN 13.07
1. Erklärt das Normenkontrollgericht einen Bebauungsplan, der in der Aufstellungsphase durch eine Veränderungssperre gesichert ist, für unwirksam, und beschließt die Gemeinde für denselben Planbereich erneut die Aufstellung eines Bebauungsplans, kann sie zur Sicherung dieser Planung eine neue Veränderungssperre erlassen.

2. Die Planung ist auch dann insgesamt eine andere, wenn die Gemeinde für das Gebiet eines wegen der Unwirksamkeit einzelner Festsetzungen insgesamt für unwirksam erklärten Bebauungsplans einen neuen Aufstellungsbeschluss fasst mit dem Ziel, nur die im Normenkontrollverfahren beanstandeten Festsetzungen zu ändern und es im Übrigen bei den bisherigen Festsetzungen zu belassen.

Bauplanungsrecht - Optisch bedrängende Wirkung einer WEA:
1. Das in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB verankerte Gebot der Rücksichtnahme umfasst auch Fallkonstellationen, in denen von einem Bauvorhaben eine optisch bedrängende Wirkung auf bewohnte Nachbargrundstücke im Außenbereich ausgeht.

2. Ob von einer Windkraftanlage eine optisch bedrängende Wirkung auf eine Wohnbebauung ausgeht, ist stets anhand aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Für diese Einzelfallprüfung lassen sich grobe Anhaltswerte prognostizieren:

a) Beträgt der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage mindestens das Dreifache der Gesamthöhe (Nabenhöhe + ½ Rotordurchmesser) der geplanten Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu dem Ergebnis kommen, dass von dieser Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zulasten der Wohnnutzung ausgeht.

b) Ist der Abstand geringer als das Zweifach der Gesamthöhe der Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu einer dominanten und optisch bedrängenden Wirkung der Anlage gelangen.

c) Beträgt der Abstand zwischen dem Wohnhaus und der Windkraftanlage das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe der Anlage, bedarf es regelmäßig einer besonders intensiven Prüfung des Einzelfalls.
BImSchG § 67; BauGB § 35; BauO NRW § 6 - OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.08.06 – 8 A 3726/05 – (nicht rechtskräftig). (VG Münster) -


Bauleitplanung:
Nur wenn ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept für die Windenergienutzung vorliegt, entfaltet der Flächennutzungsplan die Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Bayer. VGH, Urteil vom 02.06.2008, Az: 22 B 06.2092; § 6 Abs. 1 Nr. 2, § 9 Abs. 1, Abs. 3, § 67 Abs. 4, Abs. 9 Satz 3 BImSchG; § 35 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 Satz 3 BauGB; § 91 VwGO.


Windenergieanlagen, Flächennutzungsplan, Ausschlusswirkung, Konzentrationsfläche:
BVerwG – Urteil vom 24.01.08, Az: BVerwG 4 CN 2.07
Eine Gemeinde darf Darstellungen in einem Flächennutzungsplan, die die Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auslösen sollen, nicht als Mittel benutzen, um unter dem Deckmantel der planerischen Steuerung von Windenergieanlagen diese in Wahrheit zu verhindern (Einzelfall, Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).

Die Gemeinde muss ihre zunächst gewählten Kriterien (z. B. Pufferzonen) für die Festlegung der Konzentrationsflächen nochmals prüfen und gegebenenfalls ändern, wenn sich heraustellt, dass damit der Windenergie nicht substanziell Raum geschaffen wird. Will sie an den Kriterien festhalten, muss sie auf eine planerische Steuerung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verzichten.
BauGB § 1 Abs. 3, § 1 Abs. 7, § 35 Abs. 3 Satz 3, § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 214 Abs. 3 Satz 2


Bauplanungsrecht - Verunstaltung der Landschaft, kompensationsfähige Sichtbeeinträchtigung; verfristeter Widerspruch:
Die Widerspruchsbehörde darf einen verfristeten Widerspruch des Bauherrn gegen einen seinen Bauantrag versagenden Bescheid auch dann in der Sache bescheiden, wenn die Gemeinde ihr Einvernehmen zum Bauvorhaben versagt hat.

Die Darstellung einer Konzentrationszone für Windenergieanlagen im Flächennutzungsplan ist unwirksam, wenn der Flächennutzungsplan die Zulässigkeit der Windenergieanlagen an die Voraussetzung knüpft, sie dürften nur mit einer Leistung von bis zu einem Megawatt und nur mit „pitch-Steuerung“ betrieben werden.

Verunstaltet eine Windenergieanlage aus einigen, nicht unerheblichen Sichtbereichen die Landschaft, kommt es nicht darauf an, ob aus anderen Sichtbereichen noch keine Verunstaltung eintritt, sondern eine (nur) kompensationsfähige Sichtbeeinträchtigung besteht.

VwGO §§ 68, 69, 70; BauGB §§ 5 Abs. 2, 9 Abs. 1, 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 04.12.06 – 7 A 568/06 – (rechtskräftig).
(VG Minden)


Bebauungsplan für Windkraftanlagen: Abwehranspruch einer Nachbargemeinde nur bei "gewichtigen" Gründen:
Gegen die Bauleitplanung einer Gemeinde, die ein Sondergebiet für Windkraftanlagen ausweist, kann sich unter Umständen eine Nachbargemeinde wehren. Rechtsschutz kommt aber nur in Betracht, wenn die Nachbargemeinde "gewichtige Auswirkungen" geltend machen kann, entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz. Urteil OVG Rheinland-Pfalz vom 06.03.02, Az: 8 C 11131/01.OVG


Bauplanungsrecht – Abstände zwischen Windenergieanlagen:
Die Gemeinde kann in einem Bebauungsplan für die Standorte der Windenergieanlagen untereinander den fünf- bzw. dreifachen Rotordurchmesser in Haupt- bzw. Nebenwindrichtung als Mindestabstand festsetzen und die nähere Prüfung dem einzelnen Genehmigungsverfahren überlassen.
BauGB § 1 Abs. 6. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 03.05.06 - 1 KN 58/05 -.


Bauplanungsrecht – Gemeindeklage gegen Außenbereichsvorhaben:
BauGB §§ 35 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 36 Abs. 1 Satz 1; BayBO Art. 74 Abs. 1, Art. 75. Bayerischer VGH, Urteil vom 10.12.07 – 1 BV 04.843 -.
Eine Gemeinde wird durch einen positiven Vorbescheid über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit in ihren Rechten verletzt, wenn sich wegen Bestimmtheitsmängeln der Bauvorlagen nicht beurteilen lässt, ob das Vorhaben den bauplanungsrechtlichen Vorschriften entspricht.


Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens -
BauGB §§ 35 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3, 36; GG Art. 28 Abs. 2; VwGO § 113
Rechtsschutz gegen die Ersetzung ihres gemeindlichen Einvernehmens gem. § 36 BauGB kann die Gemeinde nur erreichen, wenn sie geltend machen kann, durch den Festsetzungsakt gem. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in eigenen Rechten verletzt zu sein. Dies setzt voraus, dass sie in einem durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützten Recht, vornehmlich der kommunalen Planungshoheit, verletzt ist. Die Anforderungen an die eigene Rechtsverletzung i. S. d. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind bei der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens nicht weiter zu fassen als bei der gemeindlichen Anfechtung eines einen Dritten begünstigenden Verwaltungsaktes. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Überprüfung eines Ersetzungsaktes gem. § 36 BauGB ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Hessischer VGH, Beschluss vom 15.11.06 – 3 ZU 634/06 – (a. L.).


Bauplanungsrecht – Konzentrationszone für WEA abweichend vom Eignungsbereich:
BauGB §§ 1 Abs. 4, 35 Abs. 3; BImSchG § 9. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.11.07 – 8 A 47744/06 – (rechtskräftig).
1. Ein Regionalplan mit 119 Eignungsbereichen für die Windkraftnutzung muss seine steuernde Wirkung nicht dadurch verlieren, dass einzelne Eignungsbereiche auf der nachgeordneten Planungsebene entfallen. Dies gilt auch dann, wenn davon der auf dem Gebiet einer Gemeinde einzige Eignungsbereich betroffen ist.

2. Die Darstellung einer Konzentrationszone im Flächennutzungsplan außerhalb eines im Regionalplan dargestellten Eignungsbereichs ist – ohne Zielabweichungsverfahren – wegen Verstoßes gegen das Anpassungsgebot gem. § 1 Abs. 4 BauGB unwirksam.


Kein Schadensersatz - Versagung eines Bauvorbescheids, rechtmäßiges Alternativverhalten:
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.03.08 – III ZR 49/07 -.
a) Steht ein Bauvorbescheidsantrag, betreffend eine Windkraftanlagen im Außenbereich, in Widerspruch zu einem nachträglich beschlossenen Flächennutzungsplan, so hat die Bauaufsichtsbehörde, wenn sie einen formellen Mangel des Plans (hier: fehlerhafte Bekanntmachung) feststellt, der Gemeinde vor der Entscheidung Gelegenheit zu geben, diesen zu beheben (Fortführung des Senatsurteils vom 25.03.04 – III ZR 227/02 -, NVwZ 2004, 1143).

b) Lässt sich die Feststellung treffen, dass bei pflichtgemäßem Handeln der Bauaufsichtsbehörde der Mangel rückwirkend geheilt worden wäre, so kann dies einem auf die rechtswidrige Versagung des Bauvorbescheids gestützten Amtshaftungsanspruch unter dem Gesichtspunkte des rechtmäßigen Alternativverhaltens entgegengehalten werden.

c) Dies gilt auch dann, wenn der Anspruch auf Erteilung des Bauvorbescheids durch rechtskräftiges verwaltungsgerichtliches Verpflichtungsurteil tituliert ist, dieses Urteil aber wegen der zwischenzeitlichen Rechtsänderung erfolgreich mit der Vollstreckungsabwehrklage angegriffen werden kann (im Anschluss an BVerwGE 117, 44 = NVwZ 2003, 214). BGB § 839; BauGB a.F. § 215 a


Bauplanungsrecht – Veränderungssperre, beabsichtigte Höhenbegrenzung für WEA:
Jedenfalls dann, wenn der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans und der Beschluss über die Veränderungssperre in derselben Ratssitzung gefasst worden sind, muss der Aufstellungsbeschluss nicht vor, sondern kann auch zusammen mit der Veränderungssperre bekannt gemacht werden.

Das für eine Veränderungssperre erforderliche Sicherungsbedürfnis kann entfallen, wenn die mit ihr gesicherte Bebauungsplanung offensichtlich zu einem unwirksamen Bebauungsplan führen wird. Dies muss nicht schon dann der Fall sein, wenn der Rat einer Gemeinde mit dem Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans (mit dem Sondergebiete für Windenergieanlagen festgesetzt werden sollen) zugleich beschließt, die Höhe der Windenergieanlagen werde auf 100 m begrenzt.
BauGB §§ 1 Abs. 3, 14 Abs. 1. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.10.06 – 7 D 68/06.NE – (rechtskräftig).


Eilentscheidung / Tektur:
Bay. VGH, Beschluss vom 02.08.07, 1 CS 07.801
Ein Bauherr, der sein Vorhaben im Hinblick auf einen im gerichtlichen Eilverfahren festgestellten Nachbarrechtsverstoß in einer „die Identität des Vorhabens“ wahrenden Weise geändert und für die Änderung eine vom Nachbarn wiederum angefochtene Tekturgenehmigung erhalten hat, muss gem. § 80 a Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO die Änderung der Eilentscheidung beantragen, wenn er von der Genehmigung in der Fassung des Tekturbescheids Gebrauch machen will (wie BayVGH [25. Senat] – vom 14.09.06 – 25 CS 06.1474 – Juris, vom 21.02.07 [15. Senat] – 15 CS 07.162 – Juris; anderer Ansicht BayVGH [26. Senat] vom 22.04.98 – 26 CS 98.338 – Juris). Ziel des Änderungsantrags ist die Feststellung, dass die Genehmigung in der Fassung des Tekturbescheids vollziehbar ist.
§ 80 a Abs. 3, § 80 Abs. 7, § 130 Abs. 1 und 2 VwGO § 34 Abs. 2 BauGB § 5 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO.


Bauplanungsrecht – Windenergieanlagen in Tiefflugübungsstrecke:
Die Durchführung von Tiefflügen, die dem Verteidigungsauftrag der Bundeswehr dienen, kann einen öffentlichen Belang darstellen, der einem privilegierten Außenbereichsvorhaben je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls i. S. v. § 35 Abs. 1 BauGB entgegensteht.
BauGB § 35 Abs. 1. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 05.09.06 - 4 B 58.06 -.


Konzentrationsflächen für Windenergie im Regionalplan Raumordnungsplan Westpfalz unwirksam:
OVG Rheinland-Pfalz: Urteil vom 02.10.07; Az: 8 C 11412/06.OVG
Die Ausweisung von Konzentrationsflächen für die Windenergienutzung in dem Regionalplan Raumordnungsplan Westpfalz 2004 ist unwirksam. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Mit dem Raumordnungsplan verfolgt die Planungsgemeinschaft Westpfalz in einem Teil das Ziel, Windenergienutzung nur auf festgesetzten Flächen des Plangebiets zuzulassen und im Übrigen auszuschließen. Gegen diese Planung richtete sich der Normenkontrollantrag eines Windenergieunternehmens. Es ist der Auffassung, die Planung sei abwägungsfehlerhaft, weil sie der Windenergienutzung zu wenig Raum gewähre und andere Nutzungen bevorzuge. Der Normenkontrollantrag führte zum Erfolg.

Dem veröffentlichten Raumordnungsplan liege keine ausreichende Abwägungsentscheidung zugrunde. Die Regionalvertretung als Beschlussorgan der Planungsgemeinschaft habe es versäumt, erneut über den Teil Windenergie einen Beschluss zu fassen. Denn die Genehmigungsbehörde habe ihre Genehmigung nur unter dem Vorbehalt erteilt, die für die Windenergienutzung vorgesehenen Flächen um bestimmte Gebiete zu verringern. Es sei erforderlich, dass der von dem Beschlussorgan beschlossene und der mit Änderungen genehmigte Plan inhaltlich übereinstimmten, um dem Planträger zugerechnet werden zu können. Eines erneuten Beschlusses habe es aber auch bedurft, weil die Konzentrationszonen in einem ausgewogenen Verhältnis zu den Ausschlussflächen zu stehen hätten. Dieses könne gestört werden, wenn die für die Windenergienutzung ausgewiesenen Flächen – wie hier – nicht nur unerheblich reduziert würden. Ein erneuter Beschluss der Regionalvertretung könne jedoch noch in einem ergänzenden Verfahren nachgeholt werden. Das Oberverwaltungsgericht hat im Übrigen ausgeführt, dass das von der Planungsgemeinschaft bei der Auswahl der Konzentrationszonen für Windenergie zugrunde gelegte Planungskonzept im Grundsatz zulässig ist.


Raumordnungsrecht - Abweichen von Zielen der Raumordnung:
Die Entscheidung der zuständigen Landesplanungsbehörde über den Antrag einer Gemeinde auf Zulassung einer Abweichung von Zielen der Raumordnung zur Durchführung eines Vorhabens auf dem Gemeindegebiet stellt einen mit der Verpflichtungsklage zu erstreitenden Verwaltungsakt dar.

Das Erfordernis geänderter Tatsachen oder Erkenntnisse als Voraussetzung einer Zielabweichung gem. § 10 Abs. 6 Satz 1 LPIG steht mit der rahmenrechtlichen Regelung des § 11 Satz 1 ROG in Einklang.

Zur Abweichung von einem im regionalen Raumordnungsplan mit Zielcharakter festgesetzten Ausschlussgebiet für die Windenergie bei nachträglicher Befreiung von Verboten einer Naturparkverordnung.
LPIG §§ 10 Abs. 6, 8 Abs. 3; ROG §§ 11 Satz 1, 6; BauGB §§ 1 Abs. 4, 6. OVG Rheinland Pfalz, Urteil vom 05.09.06 – 8 A 10343/06 – (rechtskräftig).


Raumordnungsplan darf Windkraftanlagen "konzentrieren":
Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 28.02.02, Az: 1 A 11625/01.OVG
Im regionalen Raumordnungsplan dürfen Windkraftanlagen auf bestimmte Zonen konzentriert und auf anderen Flächen ausgeschlossen werden. So entschied in einem heute verkündeten Urteil des Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.


VGH Baden-Württemberg, 15.07.05, 5 S 2124/04
Regionalplan, Windkraftanlage, Vorranggebiet, Ausschlussgebiet, Planungshoheit, Abwägung, Windhöffigkeit, Referenzertragswert, Landschaftsbild, Lastengleichheit

1. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung (Urt. v. 12.06.84 – 5 S 2397/83 – VBIBW 1985, 25) fest, dass eine Gemeinde die Prüfung der Gültigkeit in einer in ihrem Gemeindegebiet geltenden Rechtsvorschrift i. S. d. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO stets beantragen kann, wenn sie die Vorschrift als Behörde zu beachten hat.

2. Ein Verfahren zur Aufstellung, Fortschreibung oder sonstigen Änderung eines Regionalplans ist i. S. d. Übergangsvorschrift des Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes u. a. Gesetze vom 08.05.03 (GBI. S. 205, ber. S. 320) erst mit der öffentlichen Bekanntmachung der Genehmigung des Regionalplans im Staatsanzeiger abgeschlossen (wie VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.06.05 - 3 S 1545/04-).

3. Legt ein Regionalverband aus sachlichen Gründen einen oder mehrere Standorte für raumbedeutsame Windkraftanlagen auf dem Gebiet einer Gemeinde fest, kann sich diese dagegen nicht erfolgreich mit dem Einwand wehren, für die meisten Gemeinden im Verbandsgebiet seien Ausschlussgebiete festgelegt.

ÄndG LplG Art. 4 Abs. 2, LplG §§ 3, 5, 11, 12, 13, GG Art. 28, ROG § 7, EEG § 10 BauGB § 35.


VGH Baden-Württemberg, 09.06.05, 3 S 1545/04
Antragsbefugnis, Teilregionalplan, Landesplanungsgesetz, Windenergieanlagen, Standortausweisung, Bauleitplanung, Abwägung, Gemeindliches Selbstverwaltungsrecht

1. Die in einem Regionalplan enthaltenen Ziele der Raumordnung können Rechtsvorschriften im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO sein und zum Gegenstand einer Normenkontrolle gemacht werden.

2. Eine Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist zu bejahen, wenn der Antragsteller die ernsthafte Absicht dartut, in dem von der Zielfestlegung betroffenen Gebiet eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für Windenergieanlagen zu beantragen, insbesondere wenn bereits ein immissionsschutzrechtlicher Antrag gestellt und im Hinblick auf entgegenstehende Ziele der Raumordnung abgelehnt wurde.

3. Ein Verfahren ist i. S. d. Art. 4 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes und anderer Gesetze vom 08.05.03 (GBl. S. 205) erst mit dem letzten Verfahrensschritt „abgeschlossen“, im Falle eines Regionalplans mit dem Inkrafttreten durch Veröffentlichung der Genehmigung im Staatsanzeiger.

4. Die dem Träger der Regionalplanung durch Landesgesetz auferlegte Verpflichtung, Standorte für regionalbedeutsame Windkraftanlagen als Vorranggebiete und die übrigen Gebiete als Ausschlussgebiete festzulegen, ist mit der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) und Art. 12 und 14 GG vereinbar.

5. Ziele der Raumordnung müssen aus überörtlichen Raumordnungsinteressen erforderlich sein. Ihnen fehlt die Erforderlichkeit (vergleichbar § 1 Abs. 3 BauGB), wenn ihrer Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse entgegenstehen.

6. Ein Regionalplan, der Vorrangstandorte ausweist, deren Fläche nur ein Promille der Fläche des Plangebiets ausmachen, muss noch nicht die Grenze zur Negativplanung überschreiten.
VwGO § 47 Abs. 2, BauGB §§ 1 Abs. 4, 35 Abs. 3 Satz 3, LplG §§ 5, 11 Abs. 3 Nr. 11, 11 Abs. 7 Satz 1, 2. Hs., GG Art. 12, Art. 14, Art. 28 Abs. 2.


OVG Rheinland-Pfalz billigt Windkraftplanung in der Region Trier -
Klage auf zusätzlichen Standort abgewiesen: Urteil vom 08.03.04, Az: 8 A 11520/03.OVG
Die Standortplanung für Windenergieanlagen in der Region Trier beruht auf einem vertretbaren Ausgleich der unterschiedlichen Interessen. Mit dieser Begründung wies das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz die Klage eines Betreibers ab, der eine Windkraftanlage außerhalb der dafür vorgesehenen Bereich errichten wollte.


VG Stuttgart, 12.05.05, 6 K 333/04
Ziele der Raumordnung und Landesplanung, Vorranggebiete und Eignungsgebiete, Wirksamkeit der Teilfortschreibung des Regionalplans 2010 Ostwürttemberg Kapitel 3.2.7 Windenergie

1. Auch die Ausweisung von 356 ha (entspricht einer Größe von etwa 0,16 % des gesamten Planungsraumes) als Vorrangfläche für die Errichtung von Windenergieanlagen mit Ausschlusswirkung an anderer Stelle kann rechtmäßig sein, wenn sich nur ein geringer Teil des Gebiets für eine Windenergienutzung eignet. Es gibt insoweit keine verbindlichen Vorgaben, auch nicht auf Grund europarechtlicher Richtwerte (vgl. insoweit BVerwG, Urt. v. 13.03.03 – 4 C 4/02, NVwZ 2003, 738 (740 f)), für das Verhältnis von Vorrangflächen zur Gesamtfläche des Regionalplans.

2. In Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung können als nicht benannter öffentlicher Belang i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB auch im Rahmen des § 35 BauGB von rechtlicher Bedeutung sein, wenn den Gegenstand des Genehmigungsverfahrens eine raumbedeutsame Maßnahme i. S. d. § 3 Nr. 6 ROG bildet (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 13.03.03 – 4 C 3.02, NVwZ 2003, 1261 und Urteil vom 27.01.05 – 4 C 5/04, BRS 2005, S. 8 ff.). Allerdings muss ein in Aufstellung befindliches Ziel der Raumordnung bestimmten Anforderungen genügen, um im Zulassungsregime des § 35 BauGB relevant zu sein. Erforderlich ist zunächst ein Mindestmaß an inhaltlicher Konkretisierung. Ferner muss die Planung ein genügendes Maß an Verlässlichkeit bieten.
BauGB § 35, ROG § 7, LPlG § 8,

OVG NRW, 28.01.05, 7 D 35/03.NE
1. Die Aufstellung eines Flächennutzungsplans mit Darstellungen zu Konzentrationszonen für Windkraftanlagen, dem Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für Windkraftanlagen zukommen soll, kann nicht mit einer Veränderungssperre gesichert werden. Zulässig ist eine Veränderungssperre jedoch zur Sicherung der – ggf. im Parallelverfahren nach § 8 Abs. 3 Satz 1 BauGB durchgeführten – Aufstellung eines Bebauungsplans, mit dem die im Flächennutzungsplan vorgesehenen Darstellungen der Konzentrationszonen zusätzlich einer Feinsteuerung unterzogen werden sollen.

2. Die zu sichernde Bebauungsplanung muss im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre hinreichend erkennen lassen, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll.

3. Für die Beurteilung der Gültigkeit der Veränderungssperre kommt es nicht darauf an, welches Ergebnis die Planung letztlich hat. Die spätere Entwicklung der Planung kann allenfalls ein zusätzliches Indiz für etwaige bereits vor oder bei Erlass der Veränderungssperre gegebene Anhaltspunkte sein, dass von Anfang an ein hinsichtlich evtl. positiver Ausweisung zugunsten der Windenergie noch völlig offenes und damit nicht sicherungsfähiges Plankonzept verfolgt wurde.

4. Die im Gebietsentwicklungsplan für das Münsterland festgelegten „Eignungsbereiche“ für Windkraftanlagen haben die Qualität von Zielen der Raumordnung. Ihnen kommt nicht nur eine Steuerungsfunktion nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bezogen auf raumbedeutsame Windkraftanlagen zu, sondern sie binden auch die gemeindliche Bauleitplanung gem. § 1 Abs. 4 BauGB.

5. Eine Gemeinde kann mit ihrer Flächennutzungsplanung die Zielvorgaben des Gebietsentwicklungsplans in dem von seinen Festlegungen zugelassenen Rahmen näher konkretisieren und mit Bebauungsplänen hieran anknüpfend eine zusätzliche Feinsteuerung vornehmen.

6. Einer Gemeinde ist es verwehrt die im Gebietsentwicklungsplan getroffene raumordnerische Eignungsfestlegung zu konterkarieren bzw. auszuhöhlen, will sie von den bindenden Zielvorgaben abweichen, bedarf es einer Änderung des Gebietsentwicklungsplans bzw. der Durchführung eines Zielabweichungsverfahrens (hier nach § 19 a LPlG).
BauGB §§ 1 Abs. 4, 4, 8 Abs. 3 Satz 1, 35 Abs. 3 Satz 3, ROG §§ 3 Nr. 2, 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3, LPlG § 19 a


OVG NRW, 24.01.05, 10 D 144/02.NE
1. Ist eine Veränderungssperre im Laufe eines Normenkontrollverfahrens außer Kraft getreten, muss der Antragsteller für die Umstellung seines Antrags auf Feststellung der Ungültigkeit der Norm ein berechtigtes Interesse geltend machen können.

2. Ein Feststellungsinteresse liegt nicht vor, wenn die begehrte Feststellung keine präjudizielle Wirkung für die Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines auf die Norm gestützten behördlichen Verhaltens und damit für in Aussicht genommene Entschädigungs- oder Schadensersatzansprüche haben kann.

3. Ein Verzögerungsschaden wegen verspäteter Bescheidung eines Bauantrags für die Errichtung einer Windenergieanlage scheidet von vornherein aus, wenn sich die Zulassung des Vorhabens (Windfarm) zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Veränderungssperre nicht nach Baurecht, sondern nach Immissionsschutzrecht richtete.
VwGO § 47 Abs. 2 Satz 1, BImSchG § 4 Abs. 1, BImSchG § 67 Abs. 4, 4. BImSchV § 1 Abs. 1 Satz 1, Anhang zur 4. BImSchV Nr. 1.6,


BauGB §§ 1 Abs. 4, 35 Abs. 3; BImSchG § 9.
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.11.07 – 8 A 47744/06 – (rechtskräftig).
1. Ein Regionalplan mit 119 Eignungsbereichen für die Windkraftnutzung muss seine steuernde Wirkung nicht dadurch verlieren, dass einzelne Eignungsbereiche auf der nachgeordneten Planungsebene entfallen. Dies gilt auch dann, wenn davon der auf dem Gebiet einer Gemeinde einzige Eignungsbereich betroffen ist.

2. Die Darstellung einer Konzentrationszone im Flächennutzungsplan außerhalb eines im Regionalplan dargestellten Eignungsbereichs ist – ohne Zielabweichungsverfahren – wegen Verstoßes gegen das Anpassungsgebot gem. § 1 Abs. 4 BauGB unwirksam.
 
23.03.2009 http://wilfriedheck.de