Photovoltaik,
staatlich subventionierte Vernichtung von Volksvermögen?
Dr. rer. nat. Dipl.-Ing.
Rudolf Adolf Dietrich
BWK, DEGA, DWA, VDI
Motivation
In der regionalen Tagespresse erscheinen verstärkt Artikel, in
denen Photovoltaikanlagen glorifiziert dargestellt werden. So z.B. in
den Artikeln der Lüneburger Landeszeitung (LZ):
1) "Die stärkste
Fotovoltaikanlage", LZ vom 17. März 2006,
2) "Sonnenstrom vom Schuldach", LZ vom 25./26. März
2006 und
3) "Bürger-Solaranlagen in Häcklingen", LZ vom
09. August 2006.
Eine sachbezogene Stellungnahme zu diesen Artikeln in Form
eines Leserbriefes in der Lüneburger Landeszeitung war leider
nicht möglich. Um dennoch die zu diesem Thema angemessenen
Anmerkungen schriftlich festzuhalten und anderen Personen
zugänglich zu machen, wurde daher die vorliegende Art der
ausführlichen Darstellung gewählt.
Erläuterungen
Dem unbedarften Leser soll mit den oben genannten Artikeln wohl
suggeriert werden, dass Lüneburg sich in einem Photovoltaikrausch
befindet, der zum Wohle der Volkswirtschaft sei. Analysiert man jedoch
die Angaben in diesen Artikeln, so ergibt sich ein ganz anderes Bild.
Bei einem Zinssatz von 4 Prozent/Jahr und einer Abschreibungsdauer von
20 Jahren beträgt die Annuität 7,36 Prozent/Jahr der
Investitionssumme. Mit Betriebs- und Versicherungskosten von nur 1
Prozent/Jahr der Investitionssumme ergibt sich ein Kapitaldienst von
8,36 Prozent/Jahr der Investitionssumme.
Für die unter 1) beschriebene Photovoltaikanlage mit 14,4 kWp,
12.000 kWh/Jahr und einer Investitionssumme von 90.000 Euro ergeben
sich
somit Stromgestehungskosten von 62,70 cts/kWh.
Für die unter 2) beschriebene Photovoltaikanlage mit 14,8 kWp,
12.000 kWh/Jahr und einer Investitionssumme von 75.000 Euro ergeben
sich
somit Stromgestehungskosten von 52,25 cts/kWh.
Für die unter 3) beschriebene Photovoltaikanlage mit 2 kWp, 850
kWh/(kWp Jahr) und einer Investitionssumme von 16.000 Euro ergeben sich
somit Stromgestehungskosten von 78,68 cts/kWh. ("p" in kWp steht für "peak" und meint die Spitzenleistung bei 25
°C Modultemperatur (Laborwert), 1 kW/m2 Sonneneinstrahlung und
einem Air Mass [7] von 1,5).
Stellt man diesen Stromgestehungskosten die zwangsweise bei den
Stromverbrauchern erhobene Einspeisevergütung von 51,8 cts/kWh
gegenüber, so ist leicht zu erkennen, dass diese
Photovoltaikanlagen trotz der überhöhten
Einspeisevergütung nicht kostenwirtschaftlich sind, zumal
Aufwendungen z.B. für Betriebsausfälle,
Ersatzteilrücklagen, Disagio und Inflationsrate noch gar nicht
berücksichtigt wurden.
Daher ist es nicht verwunderlich, wenn in einem Fachmagazin [1] die
Finanzierung einer 25 kWp Photovoltaikanlage bei einem Zinssatz von 3,2
Prozent/Jahr, einer 20-jährigen Abschreibung, einer Jahresleistung
von 950 kWh/kWp und bei Gesamtkosten von 125.000 Euro mit dem Ergebnis
beschrieben wird, dass bei den vorgegebenen Konditionen erst nach 15
Jahren mit einem Gewinn gerechnet werden könne. Wodurch nach
dieser Zeit plötzlich ein Gewinn erzielt werden könne bleibt
allerdings in diesem Beitrag offen.
Auch Schwankungen bei der Modulleistung führen zu Änderungen
bei den Stromgestehungskosten der Photovoltaikanlagen. Solarzellen
reagieren sehr empfindlich auf Wärme. Je wärmer es ist, desto
schlechter ist ihr Wirkungsgrad, d.h. desto weniger Sonnenenergie wird
in elektrischen Strom umgewandelt. Wie empfindlich die Module sind,
hängt vom Temperaturkoeffizienten ab. Er gibt an, um wie viel
Prozent die Modulleistung bei steigender Zelltemperatur abnimmt. Der
Temperaturkoeffizient wird mit 0,43 Prozent/°C, bezogen auf den
Nominalwert bei 25°C, angegeben [2]. Bei einer Spitzenleistung von
z.B. 10 kWp bei 25°C würde die in das Netz eingespeiste
Leistung bei einer Erhöhung der Zelltemperatur durch
Sonneneinstrahlung auf 85°C auf 7,42 kWp absinken. Ferner ist zu
berücksichtigen, dass sich die Spitzenleistung ab dem 5. Jahr um
ca. ein Prozent/Jahr durch Alterung der Module verringert und dass
Kreditinstitute den zweifelsohne hohen Wert der Investition nicht als
werthaltige Sicherheit anerkennen, da es für Photovoltaikanlagen
keinen echten Zweitmarkt gibt [1].
Die Aussagen vieler Politiker in der Tagespresse während der
Hitzeperiode im Juni/Juli 2006, dass "in diesen Tagen die besondere
Stärke der Solarenergie für jedermann sichtbar geworden sei, da
herkömmliche Großkraftwerke reihenweise in die Knie gegangen
seien, Solaranlagen aber Spitzenerträge an Strom lieferten", sind
so nicht haltbar.
Auch Photovoltaikanlagen müssen, nicht anders als etablierte
Kraftwerke, mangels Kühlung ihre Leistung drosseln. Aus der so
genannten "besonderen Stärke" der Photovoltaikanlagen wird eine
ganz normale Schwäche.
Es gibt keine Stromerzeugungsanlage, für deren Herstellung pro
installierte Kilowatt (kW) so viel Energie benötigt wird wie bei
Photovoltaikanlagen. Für die Herstellung der Photovoltaikzellen
wird zur Zeit noch preiswerter Strom verwendet, der auf der Basis von
Braunhohle-, Steinkohle-, Gas-, Erdöl- oder Kernkraftwerken
erzeugt wird. Würde hierzu eines Tages Strom aus
Photovoltaikanlagen verwendet werden müssen, so wären die
Herstellungskosten von Photovoltaikzellen noch um ein Vielfaches
höher.
Das wichtigste Material, das für Solarzellen zur Stromerzeugung
verwendet wird, ist das Halbmetall Silizium. Dieses Halbmetall kommt
jedoch als solches in der Natur nicht vor, sondern wird aus
Siliziumdioxid SiO2 (Quarzsand) in Verbindung mit Kohle
im elektrischen Lichtbogen bis 2.000°C mit einem Reinheitsgrad von
98 Prozent hergestellt [3].
Das noch relativ stark verunreinigte Silizium wird mit Chlorwasserstoff
(HCl) zu Trichlorsilan (SiHCla) umgesetzt, das dann mehrtach verdampft
und kondensiert wird, bis nahezu alle Fremdstoffe entfernt sind.
Anschließend wird das Trichlorsilan in Gegenwart von Wasserstoff
zersetzt, es entsteht hochreines Silizium.
Ohne Chlorchemie gibt es also keine Solarzellen für
Photovoltaikanlagen. Für eine Solarleistung von 1 kWp sind rund 11
bis 14 kg Silizium auf diesem aufwendigen Wege herzustellen. Bedenkt
man, dass gerade von den Befürwortern der Photovoltaikanlagen die
Chlorchemie aus Umweltschutzgründen in anderen Bereichen der
Technik abgelehnt wird, so ist es völlig unverständlich,
wieso die Anwendung der Chlorchemie unter Benutzung von preiswertem
Strom aus Braunkohle-, Steinkohle-, Gas- oder Ölkraftwerken bei
gleichzeitiger CO2-Produktion oder aus Kernkraftwerken
ohne CO2-Produktion bei der Herstellung von Silizium
für Photovoltaikanlagen von diesem Personenkreis akzeptiert wird.
Photovoltaikanlagen haben mit ca. 800 bis 900 Vollaststunden/Jahr nur
einen Verfügbarkeitsgrad von ca. 9,2 Prozent bis 10,2 Prozent.
Etablierte Kraftwerke haben dagegen einen Verfügbarkeitsgrad von
ca. 90 Prozent (ca. 7.880 Volllaststunden/Jahr). Würde man mit
Photovoltaikanlagen die gleichen Kilowattstunden wie mit etablierten
Kraftwerken
erzeugen wollen, so müsste deren Erzeugungskapazität 9 bis 10
mal so hoch sein.
Das erforderliche Investment pro kW wäre dann aufgrund der schon
sehr hohen Herstellungskosten pro installierter kW für
Photovoltaikanlagen bis zu 60 mal so hoch. Bei einer Investition von 1
Mrd. Euro zum Bau eines etablierten Kraftwerkes (Braunkohle,
Steinkohle,
Öl, Gas oder Uran) müssten bei einer Photovoltaikanlage dann
bis zu 60 Mrd. Euro investiert werden, um die gleiche Anzahl von kWh
produzieren zu können. Da bei den Photovoltaikanlagen jedoch keine
direkten Brennstoffkosten anfallen, reduziert sich der Faktor bei den
Stromgestehungskosten auf 25 bis 30.
In Deutschland wurden im Jahr 2005 Solarzellen mit einer Leistung von
600 Megawatt aufgestellt, die im Laufe der kommenden 20 Jahre rund 10
Mrd. kWh Strom produzieren werden. Allein dafür wird in diesen 20
Jahren eine überhöhte, vertraglich festgelegte
Einspeisevergütung von rund 5 Mrd. Euro fließen, an der
nichts mehr geändert werden kann, da die Verträge eingehalten
werden müssen. Bei einer Produktion dieser Strommenge mit
etablierten Kraftwerken würden Aufwendungen von 0,2 Mrd. Euro
auftreten, d.h. der volkswirtschaftliche Schaden beträgt 4,8 Mrd.
Euro. Hinzu kommen noch die Fehlinvestitionen für die
Photovoltaikanlagen.
Der Solarstrom wird 2006 mit einem Fördersatz von bis zu 51,8
Cent/kWh subventioniert. Die Stromkunden müssen daher über
den Förderzeitraum von 20 Jahren ca. 5 Mrd. Euro bezahlen, ohne
das sich ein Nutzen für die Volkswirtschaft ergibt. Denn immer
dann, wenn Solarstrom zu ca. 50 cts/kWh eingespeist wird, muss die
Leistung in einem etablierten Kraftwerk mit Stromgestehungskosten von 2
bis 3 cts/kWh aufgrund des Privilegierungsgesetzes um den gleichen
Anteil zurückgefahren werden. Auf der anderen Seite müssen
diese etablierten Kraftwerke aber immer einsatzbereit sein, um bei
Rückgang der Leistung der Photovoltaikanlagen, z.B. nachts, bei
Regen, bei bedecktem Himmel oder bei zu starker Sonneneinstrahlung, die
Stromproduktion wieder übernehmen zu können. Das erzwungene
Teillastfahren der etablierten Kraftwerke führt aber zur
Reduzierung des Wirkungsgrades, somit zu einer unwirtschaftlicheren
Fahrweise und bei Kraftwerken mit fossilen Brennstoffen sogar zur
erhöhten CO2-Produktion.
Die Solarstromproduzenten werden von 2005 bis 2020 rund 28 Mrd. Euro
aus der Umlage des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) erhalten [6],
dafür aber im Jahr 2020 nur 1,5 Prozent des deutschen
Strombedarfes decken. Der derzeit größte Nachteil des
Solarstroms sind seine immensen Stromgestehungskosten. Sie betragen 50
bis 80 cts/kWh. Dagegen betragen sie für Windkraft 9,1 bis 13
cts/kWh, für Gas und Kohle 2 bis 3,5 cts/kWh und für Uran 2
cts/kWh.
Zu diesen überhöhten Kosten für die Stromproduktion aus
Windkraft und Sonnenenergie kommen noch die Kosten für die
Einleitung des Stroms in das Netz und für die Regelung des Netzes.
Allein für den Solarstrom betrugen die Mehrkosten für 1999 19
Mio. Euro, für 2005 bereits 506 Mio. Euro und für 2008 werden
über 1 Mrd. Euro von den Stromverbrauchern aufzubringen sein. Das
heißt aber auch, desto größer der Stromanteil aus
Sonne und Windkraft ist, desto höher steigen die mittleren
Stromgestehungskosten aus dem Mix der verschiedenen Energieträger.
Die Gesamtbelastung für die Volkswirtschaft durch die staatlich
verordnete Subventionierung, Steuerersparnis, zinsgünstige Kredite
und zusätzliche Belastungen durch den nicht planbaren Strom
betrugen für Wind- und Solarstrom im Jahr 2005 bereits 8,8 Mrd.
Euro, d. h. 430 Euro/Jahr für eine 4-Personen Familie [4].
Mit der hohen Einspeisevergütung finanziert der Stromverbraucher
in Deutschland vor allem den Aufbau von Solarfabriken in China und
Japan. 2004 und 2005 wurden mehr als 50 Prozent der gebauten
Solarstromanlagen in Deutschland von ausländischen Firmen
geliefert. Besonders die großen chinesischen und japanischen
Hersteller produzieren wegen der hohen Fördersätze in
Deutschland für den deutschen Markt [5].
Daher wäre es aus volkswirtschaftlichen Gründen erforderlich,
das Erneuerbare-Energien-Gesetz und somit die Privilegierung
aufzuheben. Dafür müssen verstärkt Finanzmittel, die von
der Volkswirtschaft erwirtschaftet worden sind, im Bereich der
Forschung zur Weiterentwicklung von Solarzellen, zur CO2-Reduzierung
bei fossilen Kraftwerken und zur Bereitstellung von
kostenwirtschaftlichem Strom eingesetzt werden, anstatt eine
unwirtschaftliche Photovoltaikanlage nach der anderen mit Zwangsabgaben
über die Stromkosten zu finanzieren, ohne einen wirklich
technologischen Fortschritt und einen Nutzen für die
Volkswirtschaft zu erreichen. Die Wirtschaftlichkeit muss wieder
stärker als Regelungsmechanismus in der Energiewirtschaft zum
Tragen kommen, denn jede unwirtschaftliche Lösung ist eine
unsoziale Lösung, da sie zu Lasten der Volkswirtschaft geht.
Der Bau von Photovoltaikanlagen darf nicht dazu führen, dass
Hersteller, Betreiber, Geldanleger und Steuer- bzw. Verlusteabschreiber
sich zu Lasten aller Stromverbraucher und somit der gesamten
Volkswirtschaft in Deutschland sanieren. Ideologische Ziele dürfen
nicht weiterhin Maßstab für die Beantwortung
wissenschaftlich-technischer und ökonomischer Fragestellungen
sein, sondern es müssen kostenwirtschaftliche Lösungen
gefunden werden, denn jede unwirtschaftliche Lösung ist deswegen
nicht wirtschaftlich, weil sie auf irgend eine Art und Weise mehr
Ressourcen benötigt als es bei einer wirtschaftlichen Lösung
der Fall wäre, denn die Ressourcen werden immer knapper.
Es ist ein Dilemma der Energie- und Wirtschaftspolitik in Deutschland,
dass naturwissenschaftlich-technische und ökonomische
Zusammenhänge zur Stützung von politischen Entscheidungen
ignoriert werden. Der Volkswirtschaft wird dadurch mittel- und
langfristig ein großer Schaden zugefügt. Die Bereitstellung
von Strom durch Photovoltaik unter derartigen Konditionen ist daher
volkswirtschaftlich nicht vertretbar.
[1] Heggemann, T: Solaranlagen finanzieren, Neue Landwirtschaft, Heft
5, 2006, S.74-75
[2] Heck, W.: http://wilfriedheck.de
[3] Lindner, L.: Solarstrom für Deutschland, NOVO Nr. 81, 03/04.
2006, S. 18 - 19
[4] Lindner, L.; Niemann, L.: www.buerger-fuer-technik.de/
body_kosten_wind_sonne_2005.html
[5] DieWelt, 24.03.2006
[6] www.iavg.org/iavg195.htm
[7]
Anmerkung Webmaster: Air Mass: Die Sonnenstrahlung wird auf ihrem Weg
durch die Erdatmosphäre durch Reflexion, Absorption (durch Luftmoleküle
und -partikel) und Streuung vermindert. Die Minderung ist um so größer,
je länger der Weg der Strahlung durch die Erdatmosphäre ist. Der Faktor
Air Mass gibt an, wie lang der Weg der Sonnenstrahlung durch die
Erdatmosphäre ist und wird im Verhältnis zur Atmosphärendicke
angegeben. Bei senkrechtem Sonnenstand nimmt das Licht den kürzesten
Weg durch die Atmosphäre, der Air Mass (AM) ist 1. Steht die Sonne
etwas schräg über der Solarplatte, dann verlängert sich ihr Weg durch
die Atmosphäre, der AM vergrößert sich.
|